Schweden, Sommer, Sonne & Milchstraße
Bei "Sommer in Skandinavien" denkt ein (Astro-)Urlauber eigentlich in erster Linie an Mitternachtssonne, oder doch zumindest an sehr helle Nächte. Tatsächlich aber ist es Anfang/Mitte August in Südschweden dunkel genug für ein/zwei Stunden sehr schöner Beobachtungen. Obwohl dies eigentlich ein ganz "normaler" (und kein Astro-Urlaub) werden sollte, wollte ich doch während der zwei Wochen in Småland und auf Öland nicht ganz auf mein Hobby verzichten. Meine Ausrüstung hätte aber in diesem Fall den vorhandenen Platz im Kofferraum gesprengt, und ich hatte das Glück einen 3''-Pronto (70/480/f 6.8) ausleihen zu können, für den ich der Einfachheit halber mein Fotostativ vorgesehen hatte.
Unser erstes Quartier, ein für Schweden typisches rotes Holzhaus, hatte einen großen Balkon, auf dem ich mit dem Pronto meine ersten Beobachtungs-Gehversuche machte. Aber das große Aha-Erlebnis blieb in dieser ersten Nacht aus, zumal der Stativkopf dem Gewicht von Klein-P. (wie ich den Pronto bald taufte) nicht wirklich gewachsen war und immer wieder nach unten rutschte. Trotzdem war es beeindruckend, bei noch relativ hellem Nordhimmel und abnehmendem Mond die Milchstraße so gut sehen zu können. Danach dauerte es allerdings einige Tage/Nächte, bis ich meinen Frust soweit abgebaut hatte, dass ich mich dazu aufraffen konnte, Klein-P. wieder mal auszupacken. Die nächste Beobachtungs-Session fand dann im Garten statt. Ich hatte unsere Gastgeber über mein ungewöhnliches Hobby in Kenntnis gesetzt - und diese, obwohl völlige Astro-Laien, waren sofort Feuer und Flamme für eine gemeinsame Himmels-Tour. Uns der stechenden Plagegeister erwehrend stellte ich M 13, der als kleines nebliges Etwas erkennbar war, M 31, H & Chi und Albireo ein. Der Doppelstern Albireo, mit seiner orangenen und blauen Komponente, erntete die meiste Bewunderung. Auch die ISS zog über den Himmel.
Eine Woche später auf Öland waren die Bedingungen noch mal deutlich besser. Die Insel machte ihrem Namen "Insel von Sonne und Wind" alle Ehre: Wir hatten eine Woche lang Sonne satt und 25 - 30°C; außerdem keinen Mond mehr, einen mittlerweile nicht mehr ganz so hellen Nordhimmel - und weniger Stechmücken. Dafür gab's hier einige Straßenlampen, die jedoch der Leuchtkraft der Milchstraße nicht viel anhaben konnten. Unsere Ferienwohnung lag direkt am Strand, so dass ich auch noch uneingeschränkte Horizontsicht in fast jede Richtung hatte. Zum "Warmsehen" und um mich wieder an das kleine Gerät und den diffizilen Unterbau zu gewöhnen, fing ich mit dem Üblichen (M 13, M 31) an. Bald jedoch landete "ganz automatisch" M 33 im Bild. Ich arbeitete mit meinem 2''-40er-Pentax-Okular, und die Galaxie erschien groß und rund und ließ beinahe Spiralarme erahnen. Derart motiviert schwenkte ich zu M 81 und M 82. Die beiden Galaxien erschienen vergleichsweise klein - aber sie waren gut zu sehen. Sollte mir Klein-P. wohl wirklich M 51 zeigen, wie mir sein Besitzer versichert hatte? Das wollte ich jetzt wissen - und siehe da: Zwei winzige runde Fleckchen zeigten sich im Okular. Ich war begeistert!
Für die nächste Nacht entwickelte ich ambitionierte Pläne: Ich wollte endlich den Nordamerika-Nebel sehen und dachte, dass dieser mit der kurzen Brennweite von Klein-P. eigentlich locker ins Gesichtsfeld passen müsste. Es klappte auf Anhieb - mit OIII-Filter hatte ich nicht nur das gesuchte Objekt sofort vor Augen sondern auch den benachbarten Pelikan-Nebel! Wahnsinn! Insgeheim feierte ich meine Premiere im Nordamerika-Nebel-finden-und-sehen. Als nächster Gasnebel war der Cirrusnebel an der Reihe. Beide Komponenten passten locker ins Bildfeld und waren auch gut zu erkennen. Dann ging's nach Süden zu M 11, einem dreiecksförmigen offenen Sternhaufen. M 33 guckte ich mir auch noch mal an, und zum Abschluss versuchte ich mich an der Galaxie M 101, die als schwacher, runder Fleck zu erkennen war. Leider setzte gegen 1.30 Uhr schon wieder die Dämmerung ein - aber auch mit relativ wenig Zeit und kleinem Instrument kann man schöne Beobachtungsmomente haben.
Ursula Hohmann-Donelasci