Astro-Reise auf den Mont Chiran in den französischen Alpen
Da die Alpen bei Sterneguckern ja bekanntlich einen guten Ruf genießen, hatten sich zwei Mitglieder aus unserem Verein bereits im vergangenen Jahr entschlossen, eine Reise nach Südfrankreich zu machen. Dort knüpften sie Bekanntschaft mit Gleichgesinnten, namentlich Stéphane Dumont aus Aix-en-Provence, einem versierten Astrofotografen. Der Gedanke lag also nicht fern, die Reise dieses Jahr mit einer größeren Gruppe zu wiederholen. Schließlich einigten wir uns darauf, mit sechs Leuten vom 17.8.01 bis 26.8.01 (Neumond) in das Land des Ziegenkäse und Rotweins zu fahren.
Bei der Anreise kamen wir bis Lyon ohne Probleme durch, aber dann kam ein Stau nach dem anderen. Abends um acht erreichten wir den Fuß des Mont Chiran und nachdem wir das letzte Bergdorf hinter uns gelassen hatten fing das Abenteuer erst an - auf 10 km felsiger Schotterpiste und engen Haarnadelkurven ging es hoch auf 1.900 Meter Höhe. Als wir das Plateau weit oberhalb der Baumgrenze erreicht hatten schlossen auch wir Bekanntschaft mit Stéphane und Yannik und konnten gerade noch im letzten Tageslicht die Zelte aufbauen. Der Himmel war von Schleierwolken überzogen, so dass sich die reisemüden Astronomen ohne schlechtes Gewissen ausruhen konnten. Trotzdem konnte man das Band der Milchstraße durch die Wolken hindurch schimmern sehen und wir freuten uns auf die kommenden Nächte. In dieser Höhe ist man dem Himmel halt doch ein Stück näher - es gibt nicht nur kein störendes Fremdlicht sondern auch keine Luftverschmutzung.
An Geräten hatten wir ein 8''-Meade 2080 sowie den Dobson vom Verein, Sebastians C8 und mein 6''-Maksutov dabei.
Das Observatorium auf dem Mt. Chiran wird von einem Astro-Club aus dem benachbarten Dorf Blieux betrieben und umfasst neben einer Kuppel ein Gebäude, in dem die Hobbygucker zwei Schlafzimmer mit je zwei Doppelstockbetten, eine Küche und ein Bad vorfinden - Jugendherbergsqualität eben. Strom wird über Solarzellen produziert und das Wasser, das vom Dach abläuft wird, in Zisternen als Brauchwasser aufgefangen. Trinkwasser muss man selbst mitbringen.
Nun hatten wir eigentlich die beiden Schlafzimmer mit Ausnahme zweier Nächte für die ganze Woche zugesprochen bekommen - aber die Organisation war nicht so wie sie hätte sein sollen, und so kam jede zweite Nacht eine andere Gruppe, die die Zimmer belegte. Bei einem derartigen Andrang dauerte es nicht lange, bis das Brauchwasser ausging, und nach einigem Hin und Her musste von der Feuerwehr aus dem nächsten Ort Wasser gebracht werden!
Die dortige Kuppel beherbergt einen selbstgebauten 30 cm-Newton, der ziemlich mitgenommen aussieht, obwohl er erst acht Jahre alt ist. Das Beobachtungs-Highlight für mich war, damit am hellichten Tag Jupiter, Venus und Capella zu sehen.
Mit dem Wetter hatten wir ausgesprochenes Glück - man konnte eigentlich die Uhr danach stellen. Tagsüber war es meistens bewölkt und mittags setzte ein heftiger Wind ein, der erst nach Einbruch der Dunkelheit abflaute und dann einen sternenklaren Himmel hinterließ. Auch von den Temperaturen her war es angenehm - hier oben war es mindestens 10°Grad kühler als im Tal.
Als Programm für die Woche hatte ich mir vorgenommen, den Karkoschka soweit wie möglich durchzuarbeiten und Planeten und Sternbilder zu fotografieren. Zu meinen neuen Beobachtungsobjekten konnte ich schließlich zählen: M 77 (Seyfert-Spiralgalaxie, Cet), NGC 7009 (Saturnnebel, Aqr), NGC 7293 (Helix/Sonnenblumennebel, Aqr), M 74 (Galaxie, Psc), NGC 253 (Sculptor-Galxie, Scl), NGC 7331 (Peg), M 33 (Tri) und M 30 (Cap). Sebastian brachte seine CCD-Kamera zum Einsatz und bannte M 76 auf den Chip. Kai fotografierte sein "Lieblingsobjekt" NGC 281 (Cas) mit dem Meade 2080 während Jutta und Rainer mit dem Dobson auf Entdeckungstour gingen.
Während unseres Aufenthaltes machten wir zwei Tagesausflüge in die Umgebung, denn der Weg auf den Berg hoch bzw. von ihm runter nimmt doch einige Zeit in Anspruch. Die erste Tour führte uns in den Grand Canyon de Verdun, eine eindrucksvolle Schlucht mit angrenzendem Stausee, in dem ausgiebig gebadet wurde. Der zweite Ausflug ging nach Sisteron. Dort besichtigten wir die alte Zitadelle, die hoch über der Stadt thront und bummelten durch die Fußgängerzone der Altstadt, wo es Lavendel in allen Varianten zu kaufen gibt. Beide Male nutzten wir natürlich, um die Vorräte aufzufüllen und frisches Wasser zu holen, das wir an Campingplätzen problemlos bekamen.
Stéphane musste leider zwei Tage vor uns wieder fahren, denn er hatte einen Astrovortrag zu halten. Ganz gewissenhaft übergab er den jungen Yannik in unsere Obhut, bis dieser am Abend von seinem Vater abgeholt wurde.
Gegen Ende der Woche kamen Kai und Rainer auch auf die Idee, die Reise im Winter zu wiederholen. Dann muss das letzte Stück allerdings per Hubschrauber zurückgelegt werden - denn im Winter ist der Mt. Chiran mit dem Auto nicht zu bezwingen.