Frühlingserwachen
Ein Beobachtungsbericht vom 22.4.06
Samstagabend, strahlend blauer Himmel, kein Mond – was will man mehr?
Eigentlich wollten wir ins Kino gehen, aber angesichts dieser verlockenden äußeren Umstände änderte ich den Plan für den Abend.
So kam mein „Scorpion“ (ein 12“ GSO-Dobson, der sich seit einem halben Jahr in meinem Besitz befindet) wenigstens auch mal wieder an die frische Luft. Wir packten also alles Notwendige ins Auto und machten uns auf den Weg zum Sandplacken, wo schon etliche Gleichgesinnte zu Gange waren.
Zum „Warmsehen“ stellte ich als erstes die „Enddreißiger“ (M 36, 37, 38) im Fuhrmann ein und war erstaunt wie hell und brillant mir der Dobson die Sternhaufen zeigte.
Gio hatte seine Uranometria eingepackt und dann kamen 4 Galaxien (NGC 3213, 3222, 3226 und 3227) bei y Leo an die Reihe, die zwischen 10,3 – 13,5 mag hell waren. Die drei helleren waren gut zu erkennen, die Galaxie mit 13,5 mag war jedoch nur manchmal zu erahnen.
Als nächstes stellte ich den Eskimonebel ein, der einfach wahnsinnig schön aussah. Er erschien sehr hell, riesengroß und auch Strukturen waren gut zu erkennen. Beeindruckend ist auch immer wieder der Größenvergleich zwischen dem großflächigen Nebel und dem (zumindest optisch?) benachbarten Stern.
Ein Schwenk Richtung Zenith brachte mich dem Großen Wagen (da kann man beim dobsonieren im Stehen beobachten und muss sich nicht so bücken…) und somit der Whirlpool-Galaxie M 51 näher. Auch sie war groß und hell und die Spiralarme waren ebenfalls zu sehen. Nicht weit davon entfernt liegt die Galaxie M 101. Irgendwie braucht man für diese Galaxie immer einen besonderen Himmel, damit man sie einigermaßen gut sehen kann. Heute erschien sie als großer, runder diffuser Fleck ohne jegliche Struktur. Gio konnte in dem großen Rund einige H2-Regionen ausmachen und schraubte einen OIII-Filter ins Okular, um sie noch besser sichtbar machen - aber ohne wirklichen Erfolg.
Dann ging’s wieder zurück zum Löwen, der in voller Pracht über den Baumwipfeln stand. Das Galaxien-Trio M 65, 66 und NGC 3628 füllte schön das Bild im 40er Okular aus. Am Kopf des Löwen befindet sich die Galaxie NGC 2903, die heute im Dobson auch ausgesprochen eindrucksvoll aussah. Sie ist länglich, groß und zeigte ebenfalls Struktur. Zu Hause in Frankfurt beobachte ich (meistens) mit meinem 3“-Pentax-Refraktor und von daher kenne ich NGC 2903 hauptsächlich als graues, längliches Etwas. In Side in der Türkei (wohin die Astrowelt ja aus einem anderen Grund gereist ist…) sah sie auch eher unspektakulär aus.
Danach schwenkte ich nach Osten und erfreute mich am Anblick vom Kugelsternhaufen M 13 im Herkules. M 13 ist jedes Mal wieder eine Pracht. Im 12-Zöller sieht er einfach gigantisch aus und ist bis in alle Einzelheiten aufgelöst. Einfach der helle Wahnsinn und man könnte ihn stundenlang betrachten. Das nächste „Standardobjekt“ war der Ringnebel M 57 in der Leier, die gerade aufgegangen war. M 57 macht eigentlich egal in welchem Instrument immer was her.
Östlich vom Löwen liegt Coma Berenices, und hier guckte ich einfach nur spazieren, ohne irgendwas vom Karkoschka her zu suchen. Irgendwann - und witzigerweise genau in dem Moment, als Gio meinte, er möchte jetzt noch eine Edge-on-Galaxie sehen – „stolperte“ ich über NCG 4565. Diese erschien mir als die größte Galaxie in Kantenlage, die ich je gesehen habe. Sie ist riesig lang, schmal und mit einem sehr gut sichtbaren, dunklen Staubband in der Mitte. Das war für mich das Highlight des Abends – ein für mich neues und selbst gefundenes Objekt und dann auch noch so beeindruckend! In der Nachbarschaft von NGC 4565 befinden sich auch noch die Galaxien M 64 (die mit dem "Schwarzen Auge“, das ich auch meine, gesehen zu haben) und NGC 4725, die nur als diffuser ovaler Fleck zu sehen war.
Zum Abschluss stellten wir dann noch die Planeten Jupiter und Saturn ein. Jupiter war dermaßen hell, dass er mich blendete und ich beschloss, ihn doch lieber wieder mit kleineren Instrumenten anzugucken. So ein Dobson ist halt eine echte Lichtkanone und im Deep-Sky-Bereich unschlagbar - irgendwo müssen halt auch Nachteile sein…
Saturn dagegen sah so schön aus wie immer. Er ist auch eins der Objekte, die einfach in jedem Gerät beeindrucken.
Nach einem Plausch mit den umstehenden Astro-Kollegen und Vergleichsgucken in deren Instrumenten fuhren wir beseelt von einer tollen Nacht wieder ins lichtverschmutzte Frankfurt zurück.